Mittwoch, 15. Juni 2011

Die Ambivalenz der Politik

Scheinbar ist es gerade "in", etwas und das genaue Gegenteil von etwas gleichzeitig zu fordern. Nachdem die Filmindustrie es vorgemacht, nämlich (etwas verallgemeinert) mehr Geld und mehr Loyalität gefordert hat, zieht nun die Politik hinterher.

iShareGossip wurde gesperrt (scheinbar ist noch unklar, ob es wirklich Hacker waren oder die Betreiber selbst, um sozusagen etwas PR zu betreiben) und die meisten scheinen darüber erleichtert. Nicht nur ehemalige Opfer von Mobbingattacken über die Seite, sondern einfach alle können aufatmen. Denn die Seite war (angeblich) anonym zu nutzen, jeder konnte relativ wahllos jeden anderen mit Beleidigungen, Drohungen und Unterstellungen bombadieren. Jugendschützer haben die Seite schon seit Langem kritisiert und endlich ist die Seite vom Netz.

Gleichzeitig sind schon 41 Staaten der Meinung, dass die Meinungsfreiheit im Internet gefördert werden müsse. Die Politik bewegt sich da auf sehr dünnem Eis: Wie viel Meinungsfreiheit ist vertretbar? Bis wann ist Meinungsfreiheit überhaupt noch Meinungsfreiheit? Wo ist die Grenze zu Beleidigungen, Nachreden und Verleumdung?

Ein allseits bekanntes Gegenbeispiel ist natürlich die VR China. Gängige Nachrichtenplattformen existieren im "chinesischen Internet" überhaupt nicht, brenzlige Schlagworte werden einfach "herausgelöscht", Informationen sind subjektiv: die Presse steht unter Einfluss der Politik. Soweit ich bei meinem Besuch dort feststellen konnte, gab es mit Urheberrechten deutlich weniger Probleme (Seiten wie kino.to gibt es dort zu Hauf).
Selbstverständlich ist das Filtern von kontroversen Informationen auch keine Lösung.

Das Internet ist riesig. Neben dem, was wir vom Internet so kennen, gibt es noch das Deep Web. Das Verhältnis vom Surface zum Inneren wird oft als das einer Eisbergspitze zum tatsächlichen Eisberg, der tief im Meer verborgen ist, beschrieben. Wir sehen uns nutzen einen einen Bruchteil, was sich im Rest befindet, liegt meist außerhalb unserer Kenntnis und unserer Gewalt. Und kann kommt man auch in China an sein Informationen, wenn man nur weiß, will und kann.

Wofür denn nun entscheiden? Wenn wir Meinungsfreiheit fördern wollen, dann müssen wir eben auch negative Meinungen erlauben. Aber was ist, wenn die virtuellen negativen Meinungen im Netz Menschen verletzen, ja sogar zu völlig realen physischen Meinungsäußerungen in der wirklichen Welt werden?

Und vor allem: wie will man das Eine oder Andere fair und für alle gleichberechtigt durchsetzen?
Wie will man dafür sorgen, dass Meinungen im Internet diese ganz bestimmte Grenze nicht überschreiten?

Toni

2 Kommentare:

  1. Wenn ich das richtig sehe ist für dich eine Verleumdung auch nur Meinungsäußerung?
    Es gibt nicht umsonst geltendes Recht, das verbietet Leute zu diskriminieren und zu beleidigen, denn mit "freier Meinungsäußerung" hat das nichts mehr zu tun.

    Grüße :)

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  2. Nicht ich, aber andere, z. B. diejenigen, die auf iShareGossip üble Nachreden verbreiten, sind offenbar der Meinung, dass das zur "Meinungsfreiheit" gehört. Nach dem Motto "ich kann doch sagen, was ich will". Und von diesem Gesichtspunkt her finde ich, dass man da sehr gut unterscheiden und kontrollieren sollte, wann etwas Meinung ist und wann etwas eben weiter geht.

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