Donnerstag, 16. Juni 2011

Stromverbrauch in Japan

Zur Zeit wird wieder zunehmend darüber berichtet, wie die Japaner versuchen, ihren Stromverbrauch zu senken. Und das müssen Sie, wo die Atomkraftwerke, die die Ballungsgebiete im mittleren und nördlichen Japan versorgten, jetzt abgeschaltet sind.

Aber warum müssen die Japaner sparen? In Deutschland scheint sich seit der Abschaltung der meisten Atomkraftwerke nicht viel geändert zu haben, Strom haben wir immer noch mehr als genug, mehr, als wir brauchen.

Ich möchte hier von einigen Beobachtungen berichten, die ich bei meinem Aufenthalt in Japan machen konnte.

Zunächst einmal: die Japaner lieben Luxus. Jede Form von Luxus, selbst wenn wir sie hierzulande nicht als solche bezeichnen würden.

Die U-Bahnen in Japan fahren im Minutentakt. Die Wichtigen, alle paar Minuten, die etwas Unwichtigeren alle fünf bis zehn. Und das von ca. 6 Uhr morgens bis 24 Uhr abends. Die Bahnen sind lang und sie verfügen über Heizung und Klimaanlage. Und beides läuft je nach Jahreszeit. Den ganzen Tag.
Jeder Japaner hat ein Handy. Das ist, an sich nichts Überraschendes. Aber Japaner lassen ihr Handy nicht aus der Hand. Sie nutzen es - wann immer sie können. Und wenn sie gerade nicht an ihrem Handy hängen, schlafen sie. Nur das verbraucht keinen Strom.

Japaner lieben Automaten. Und Automaten in Japan findet man selten alleine. Für gewöhnlich stehen nicht nur an jeder größeren Kreuzung, an Bahnhöfen, auf Gleisen etc. mindestens ein Getränkeautomat, viele von ihnen sind so geregelt, dass sie auf Bewegung reagieren, sodass jeder, der daran vorbeigeht, vom Automaten gefragt wird, ob er nicht etwas trinken möchte. Raffiniert. Und kostspielig. Was den Strom angeht zumindest.

Und wo wir bei Bahnhöfen sind: Rolltreppen an Bahnhöfen sind mit modernster Technologie ausgestattet: so teilt einem eine herauffahrende Rolltreppe mit, dass sie aufwärts fährt, während die hinunterfahrende eben mithilfe von Lautsprechern darüber informiert, dass sie abwärts fährt. Sicherlich eine nützliche und sehr zuvorkommende Sache für Blinde, dennoch gewissermaßen purer Luxus.

Bleiben wir bei den Bahnhöfen - oder zumindest in ihrer Nähe: dort befinden sich nämlich "Convenience Stores", immer, neben jedem Bahnhof mindestens einer. Je beliebter der Bahnhof, desto mehr von den Läden finden sich dort. Und es gibt zahlreiche: 7/11, Family Mart, Lawson, ampm, um nur einige zu nennen. Und sie alle sind jederzeit geöffnet, 24 Stunden am Tag und bieten gekühlte Getränke, warme Preisen und die Möglichkeit, sich Fertiggerichte direkt vor Ort in der Mikrowelle erwärmen zu lassen. Klasse Sache. Kostet Strom. Viel Strom.

Und dann wären da natürlich noch die allseits beliebten Klimaanlagen in allen, wirklich allen öffentlichen Gebäuden, in allen Supermärkten, in allen Büros und auch in allen Haushalten. Was das an Strom frisst. Ich kann es mir ehrlich gesagt nicht vorstellen. Aber dass es viel sein muss wird mir klar, wenn ich mich daran erinnere, dass ich durch die Klimaanlagenluft überall nach bereits zwei Wochen schrecklichen Husten hatte.

Zum Schluss ist da noch der Luxus, der immateriell ist: die Eitelkeit. Ja, Japaner sind gewissermaßen eitel. Es zählt zwar auch der Inhalt, aber es zählt eben auch die Verpackung. Und auch Angestellte haben eine Verpackung: ihre Kleidung. Nichts spricht in Japan mehr, als die Kleidung. Jeder, gleich wo er arbeitet, trägt eine Uniform. Uniformen sind wichtig. Sie unterteilen und sie separieren. Und das ist in Japan sehr wichtig. Schulformen gibt es nicht viele, sehr wohl aber Schulstatus. Je höher der Status, das Ansehen, einer Schule oder Universität, desto besser. Denn mit der Institution ändert sich auch der eigene, gesellschaftliche Status. Und anhand der Kleidung kann man eben häufig diesen Status erkennen. Und genau deswegen gibt (oder nunmehr: gab) es seit jeher in Japan die Vorschrift, auch im Hochsommer im Anzug zu erscheinen. Und mit diesem Luxus, kommt eben der, dass man Klimaanlagen braucht. Viele. Und die müssen auch ständig laufen.

Während meines Aufenthaltes war all dies und auch alles andere für mich so faszinierend, dass ich mir über die Kosten keinerlei Gedanken gemacht habe. Im Gegenteil: ich habe alle diese Kleinigkeiten vermisst, als ich zurück in Deutschland war! Aber so ist das eben: man gewöhnt sich verdammt schnell an Luxus.

Die japanischen Politiker haben Recht, wenn sie sich vornehmen, ihre Lebensweise zu ändern. Denn so faszinierend die Welt der Technologien auch ist, je mehr man hat, desto schwieriger wird es, darauf zu verzichten. Und genau das muss Japan nun lernen zu tun.

Die oben genannten Beispiele sind nur ein Ausschnitt und treffen nicht auf alle Gebiete Japans zu, allerdings vor allem auf den Großraum Tokyo. Und die Kommentare sind auf keinen Fall böse gemeint oder sollen Vorwürfe sein - ich möchte bloß die Kultur, die ich kennengelernt habe erklären mit Bezug auf die Problematik, die z. Z. gegeben ist.

Ich wünsche den Japanern viel Erfolg und auch viel Glück. Was passiert ist, selbstverschuldet oder nicht, ist nun einmal passiert und jetzt muss eben mit den Folgen umgegangen werden.

Eure Toni

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