Donnerstag, 28. Juli 2011

djo - Deutsche Jugend in Europa - ein Festival auf der Wasserkuppe


Einigen wird wohl aufgefallen sein, dass ich seit Freitag nichts Neues mehr geschrieben habe. Das liegt daran, dass ich am Wochenende gar nicht da war. Und dort, wo ich war, gab es weit und breit keine brauchbare Internetverbindung.
Mein Wochenende habe ich auf der Wasserkuppe verbraucht, dem höchsten Berg der Rhön, auf dem das vierte interkulturelle djo-Festival statt fand. Kennen werden das sicherlich die wenigsten und das nehme ich niemandem übel. Empfehlen kann ich das Festival aber allen, die Interesse an interkulturellem Austausch gepaart mit guter Laune, netten Menschen und viel Feiern haben und denen winterliche Temperaturen mitten im Sommer nichts anhaben können.
Ich habe dort mit meiner Theatergruppe teilgenommen, die ich seit sechs Jahren besuche. Es ist auch schon mein zweiter Auftritt dort, der letzte war vor ca. 4 Jahren. Ich schreibe es dem miesen Wetter zu, dass ich mich nicht mehr an viel erinnere und auch der Tatsache, dass ich kurz darauf ein Jahr in Japan gelebt habe, was sehr viel Speicher in meinem scheinbar doch etwas begrenzten Kontingent an Erinnerungsvermögen verbraucht hat. Das Festival dieses Jahr werde ich aber sicher nicht so schnell vergessen.
Die Anreise war recht lang, von Köln aus ca. 4,5 Stunden mit dem Reisebus. Doch mit ein wenig Obst, Gesang und vielen Gesprächen haben wir den Weg gut überstanden. Spät am Abend angekommen erwartete uns ein Rest Abendessen (Gegrilltes und Kartoffelsalat) und heißer Hagebuttentee. Dass der Kartoffelsalat meinem Magen nicht bekommen sollte, erfuhr ich leider erst am nächsten Tag, aber das will ich nicht weiter ausführen.
Nach dem Essen ging es dann erst auf unsere Zimmer, wir fanden unsere Betten, packten die sehr überschaubare Menge an Kleidung aus und machten uns fertig für die "Disco", die in einem Teil der recht großen Herberge statt finden sollte. Die Musik war gut und der DJ überraschend talentiert! Erwartet hatte ich den typischen "in letzter Sekunde noch wen gefunden, der einen Musikplayer betätigen kann"-DJ, der aktuelle Songs aus den Charts in eine Wiedergabeliste packt und dann auf "play" drückt. Doch der DJ machte seinem Namen alle Ehre und sorgte für gute Laune und viele Tanzwillige, die die Tanzfläche füllten. Die Nacht dauerte viele Stunden und irgendwann fanden wir uns dann auch endlich in unseren Betten wieder und schliefen ein.
Am nächsten Tag fand die obligatorische, etwas an Kindergarten erinnernde Begrüßung aller Teilnehmer und Besucher statt - in einem riesigen, eigens zum Zweck des Festivals aufgebauten Zelt. Wir wurden in Gruppen aufgeteilt und spielten Spiele. Trotz der recht elementaren Inhalte waren die spiele lustig: wir standen im Kreis und sollten Dinge imitieren, zu verschiedenen Melodien durch das Zelt laufen und unseren Namen rufen, wann immer wir jemandem begegneten oder alle gemeinsam "Aufwärmübungen" machen, die einige aus dem Musikunterricht der 5. Klasse kennen könnten. Doch alle machten mit! Ob groß oder klein, jung oder alt, schüchtern oder Macho - jeder machte sich zum Affen und alle hatten Spaß. An solchen Dingen scheitern viele Veranstaltungen - die Menschen machen einfach nicht mit! Und wenn niemand mitmacht, dann wirds schnell langweilig. Glücklicherweise endete die Begrüßung bevor eben dies passierte und das Programm begann.
Die Moderatoren der Veranstaltung sagten jeden Teilnehmer mit fleißig auswendig gelernten Floskel an und begrüßten in den ersten Stunden fast ausschließlich Tanzgruppen. Nun wird auch klar, wieso die Tanzfläche am Abend zuvor so voll gewesen ist. Doch einige der Darbietungen waren wirklich sehenswürdig! Z. B. war da eine Tanzgruppe aus Serbien (glaube ich zumindest), die zwar nicht viel Abwechslung in ihrer Choreographie hatten, aber ausgefallene Kostüme trug und etwas an Bollywood erinnerte, was natürlich Laune machte und zum nachmachen animierte. Weniger begeistert war ich von einigen, unter anderem auch deutschen, Volkstänzen - nicht wegen der Tänze, sondern wegen der sichtlich unbegeisterten Tänzer. Dann lasst es doch, wenns euch keinen Spaß macht! Wenn man von etwas selbst nicht überzeugt ist, werden es die Zuschauer auch nicht sein. Und das war der Hauptunterschied zur serbischen Gruppe: deren Tänzer lachten nämlich (ausgenommen davon ein Junge, der etwas unbeholfen und nervös wirkte und nur zwischendurch lächelte) und hatten richtig Spaß mit dem, was sie da taten. Es folgten weitere Tanzgruppen und ein wenig Gesang, wenig davon lies mich von meinem Stuhl aufstehen, aber Mitwippen hält auch ein wenig warm.
Was mich auch zum größten Unheil bringt, dass dieser Ausflug mit sich brachte: es war kalt, richtig, richtig kalt! Und es wurde immer kälter. Den zweiten Abend trübte das noch wenig: es gab viel Musik und Show, diesmal etwas professioneller, als tagsüber. Es traten Bands und Gruppen auf, die eigene und bekannte Stücke präsentierten, das Ganze mutierte nach und nach zum Rockkonzert, mit alles was dazu gehört: Ein Moshpit, mit "Wahnsinnigen", die in einem Radius von einigen Metern gegen einander springen, als würden sie sich die Köpfe einschlagen wollen. Alkohol betäubt halt die Schmerzrezeptoren... Dann waren da noch die Fans, die sich auf die Bühne schleichen und von den Veranstaltern wieder runter geschickt werden. Und letztlich die unzähligen "Zugabe"-Rufe des Publikums, dass einfach nicht genug kriegen konnte. Wir tanzen uns beinahe die Seele aus dem Leib.
Und als das Konzert zu Ende war, wanderten einige von uns noch weiter in die innen liegende Disco, die diesmal Remixe älterer Klassiker spielte. Die Musik hallte laut und endlos in den fast leeren Korridoren der Herberge wieder. Die Nacht war lang, verraucht und roch nach Bier und Hochprozentigem. So, wie es sich für ein Rockkonzert gehört. Und wir waren nicht nur auf einem gewesen - wir feierten unser eigenes Rockkonzert und grölten in die Nacht hinein, fast so als wollten wir, dass man uns unten im Tal noch hört.
Der Morgen war hingegen eher ernüchternd. Das Frühstück viel zu früh, der Schlaf "ungenügend" und die Stimme halbtot - wie es sich eben gehört. Was sich allerdings so gar nicht gehört, waren die eisigen Temperaturen, die im Juli dort herrschten. So hoch ist der Berg nun auch wieder nicht! Und warten konnten wir nicht unter den Decken unserer seit 10 Uhr geräumten Zimmer - sondern in der Kantine, die entweder keine Heizung hatte oder von den "Eremiten" der Wasserkuppe, die an Kälte gewöhnt waren, nicht beheizt wurde. Jedenfalls war es schweinekalt und der Reisebus, der uns zurück ins (zugegeben nicht viel weniger kalte und verregnete) Köln bringen sollte, kam und kam einfach nicht. Es gab noch einige Vorstellungen im Zelt, doch dort war es noch kälter und wie gesagt: Mitwippen hält eben nur bedingt warm. Wenigstens gab es noch heißen Tee, zeitweise. Und irgendwann kam auch der Bus. Und am Abend kamen wir auch endlich in Köln und kurz darauf zu Hause an, wo ein leckeres Abendessen, Decken und vor allem Nachrichten auf uns warteten. Was ich verpasst habe?
Anschläge in Oslo und den Tod von Amy Winehouse. Informationen zu ersterem konnte ich heute in den Nachrichten verfolgen. Und ein wenig schleicht sich bei mir ein schlechtes Gewissen ein - aber nur ein wenig. Es war dennoch eines der einzigartigsten und besten Wochenenden der letzten Jahre und ich kann wirklich nur jedem empfehlen, sich für nächstes Jahr ein Wochenende frei zu nehmen.
Und nehmt warme Jacken mit!

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